Union der Lastenräder
Lore und Frida sind im Rennen

Rudolf und Lore und Frida. Namen, die sich merken sollte, wer Lasten zu bewegen hat. Egal, ob ein gebrauchter Kühlschrank abgeholt oder ein schweres Paket zur Post gebracht werden soll, egal, ob das akute Anliegen eine einmalige Sache ist oder regelmäßige Nachfrage besteht: das Unionviertel ist mobiler geworden. Preiswert, sauber und autofrei.

Rudolf ist der Name einer Verleih-Initiative. Eine Abkürzung. In voller Länge heißt es, „RUDOLF ist dem RUhrgebiet und DOrtmund sein LastenFahrrad“. Aktuell kann die Initiative den Menschen im Ruhrgebiet sieben Räder anbieten. Eins steht in Bochum, sechs in Dortmund und von diesen sechs zwei im Unionviertel: Lore und Frida. Sie zu nutzen ist kostenfrei, RUDOLF funktioniert als Kollektivgut. Um den Fuhrpark warten und gegebenenfalls reparieren zu können, freuen sich die Verleiher gleichwohl über Spenden. Denkbar niederschwellig ist der Zugang zu den Rädern. Gebucht wird im Netz über die Seite www.dein-rudolf.de.

RUDOLF richtet sich einerseits an Privatpersonen, auf der anderen Seite, im Hinblick auf regelmäßige Nutzung, gezielt auch an Gewerbetreibende. „Bundesweit gibt es etwa sechzig Initiativen dieser Art“, sagt Astrid Wendelstigh, die sich im Rahmen der Interessengemeinschaft VeloCityRuhr seit Jahren für bessere Radfahrbedingungen im Revier engagiert. Sie sieht noch viel Luft nach oben. „Gerade Dortmund rangiert im Städtevergleich weit hinten, was den Radverkehrsanteil betrifft. Er liegt hier bei gerade einmal 7,6 Prozent, in Münster sind es weit über 36 Prozent.“ Belegt ist allerdings, dass unter radfahrgerechten Verhältnissen mehr Menschen aufs Velo steigen, eine wachsende Zahl radelnder Verkehrsteilehmer wiederum kann Kommunen dazu bewegen, sich verstärkt um deren Belange zu kümmern. Es ist nichts anderes als die alte Geschichte vom Huhn und dem Ei.

Was – unabhängig von einer verbesserungswürdigen Infrastruktur innerhalb der Städte – viele Freizeitradler davon abhält, auch im Alltag ihr Rad zu nutzen, ist die zugegeben eingeschränkte Tauglichkeit bei größeren Transporten. Schicht im Schacht ist meist schon beim Wocheneinkauf.
„Mit Lastenrädern gibt es diese Probleme nicht mehr“, sagt Wendelstigh. „Lore und Frida zum Beispiel sind Dreiräder. Vorn befindet sich die lenkbare Achse, über der Achse ist eine geräumige Kiste montiert. Da lassen sich mehrere große Einkaufstaschen oder schwere Getränkekästen verstauen. Die zulässige Gesamtladung liegt bei 150 Kilogramm, inklusive Fahrer, das ist eine ganze Menge. Wir haben mit solchen Rädern ein Sofa transportiert und ein anderes Mal eine Waschmaschine. Vor einiger Zeit hatte sich ein Schreiner aus Düsseldorf bei uns ein Rad geliehen. Zunächst für eine Woche. Das hat ihm so gut gefallen, dass er sich anschließend selbst eins gekauft hat, um innerstädtische Aufträge zu erledigen. Für ihn ist das kostengünstig, er hat keine Parkplatzprobleme und mit dem Rad konnte er seine Auszubildende losschicken, die noch keinen Führerschein besaß.“

Auch Tabea Sieben, die für InWest arbeitet, hat nicht nur private Haushalte im Hinterkopf, wenn sie an Einsatzmöglichkeiten für Lore und Frida denkt. „Es gibt hier im Viertel viele junge Existenzgründer, die das Auto nicht unbedingt im Focus haben. Teils, weil ihnen das Geld fehlt, oft aber als sehr bewusste Entscheidung. Es findet ein Umdenken statt. Ökologische und soziale Fragen rücken in den Vordergrund. Im Hinblick auf Unionviertel Kreativ ist es unsere Idee, diesen Menschen Mobilität anzubieten. Außerdem könnte ich mir vorstellen, dass Kulturveranstaltungen wie Film- und Theaterfestivals einen Bedarf haben. Ich wünsche mir jedenfalls eine rege Nutzung.“
Ausleihstationen von Lore und Frida, die natürlich nicht nur dem Quartier zur Verfügung stehen, sind der Union Gewerbehof sowie die Richardstraße 18. Glücklichen Umständen ist es zu verdanken, dass sie überhaupt im Pool von RUDOLF gelandet sind, wo sie jetzt mit Lastenrädern wie Rudi und Roter Panther instand gehalten, verwaltet und ausgeliehen werden. „Eine Zeitlang gab es im Unionviertel die Quartiershingucker“, sagt Sieben. „Das war ein Projekt mit Quartiers-Hausmeister für den Stadtteil. Die haben die beiden Lastenräder genutzt. Als das Projekt beendet wurde, tauchten die Räder nicht mehr im Straßenbild auf. Wir haben über die InWest recherchiert und sie im Keller des Versorgungsamts wiedergefunden. Dann ging alles ganz fix.“

Offiziell gehören Lore und Frida jetzt der InWest, die anderen RUDOLF-Räder sind dagegen Kollektivgüter. Für potentielle Nutzer macht das keinen Unterschied. „Das Prinzip solcher Commons im Gegensatz zu privatem Besitz ist hierzulande noch recht unbekannt“, sagt Wendelstigh – und bittet die Nutzer, ausgeliehene Räder pünktlich zurückzubringen und eventuelle Schäden sofort zu melden. Noch hält manch einer das anscheinend nicht für nötig, wenn er keinen festen Tarif zu zahlen hat, sondern nur um eine Spende gebeten wird.

Informationen und Ausleihbedingungen:
www.dein-rudolf.de

Text: Martini
Foto: InWest

September 2016