Zwischenraum
Ein kleines, feines Ausstellungskonzept im „U“

Unter dem Titel „Zwischenraum“ fand Ende Oktober 2015 in Etage sechs des Dortmunder „U“ eine Gruppenausstellung statt. Programmatisch war deren Name in mehrfacher Hinsicht. Thomas Weiß, Referent in den Kulturbetrieben Dortmund, hat das zugrundeliegende Konzept mit erarbeitet. Er freut sich über den Erfolg der Ausstellung und kann vor diesem Hintergrund den Beginn einer längerfristige Reihe ankündigen.

Im ersten „Zwischenraum“ präsentierten sich fünf –  im weitesten Sinn des Wortes –  Galeriebetriebe aus dem Union-Viertel: Galerie 143, Heimatdesign, Projektraum Fotografie, Salon Atelier und die Streetart Gallery. Eine Art Leistungsschau des Quartiers, geeignet, Vielseitigkeit und Niveau der ansässigen Szene zu unterstreichen. „Mir war es lieb, dass das Union-Viertel den Erstaufschlag machte“, sagt Thomas Weiß. „Das ließ sich der Bevölkerung gegenüber gut begründen und es war hinsichtlich der vielen anderen Kreativen in der Stadt vertretbar. In den kommenden Jahren werden wir die Zwischenräume natürlich auch für andere öffnen.“

Im Jahresprogramm des „U“ ist der „Zwischenraum“ einerseits ein kleines Projekt, andererseits aber ein Puzzlestück, anhand dessen man das Selbstverständnis des Zentrums für Kunst und Kreativität gut erklären kann. Thomas Weiß blickt zurück. Er erinnert an erste Impulse, nachzudenken, das brachliegende Brauereigebäude in ein Museum mit Oberzentrumscharakter zu verwandeln und an die Möglichkeit, die sich dann im Zuge der Kulturhauptstadt ergeben sollte, diesen Weg, mit geänderten Vorgaben zwar, aber tatsächlich zu beschreiten. Er stellt heraus, dass hier nicht nur Kunstsammlungen der Stadt ein neues Zuhause gefunden haben, sondern dass man die Kreativwirtschaft als Motor des industriellen Wandels bewusst mit ins Boot geholt habe. „Unser „U“ darf kein abgehobener Kasten sein, sondern ein lebendiger Ort, den die Leute gern und gern wieder besuchen. Es steht der Bevölkerung zur Verfügung. Es öffnet seine Räume für die Kreativen wie für die Bürger. Und da ist es immer schlimm, wenn Bereiche geschlossen sind, weil umgebaut wird.“ In diesem Zusammenhang fällt der sechsten Etage eine besondere Bedeutung zu. Sie ist konzipiert als Wechselausstellungsfläche. Im Rahmen der Programmkonferenzen im „U“ wird die kuratorische Verantwortung an die unterschiedlichen Spieler im Haus übergeben. Eine Ausstellung wie zum Beispiel „Dortmunder Neu Gold“ läuft über ein knappes halbes Jahr, andere werden für kürzere Zeiträume projektiert. Doch mit jedem Wechsel ändert sich notgedrungen die Ausstellungsarchitektur.

„Ich habe seitens der Geschäftsführung der Kulturbetriebe als gleichzeitigem kommissarischen Leiter des „U“ den Auftrag bekommen, die Zahl der Tage mit nicht genutzter Fläche zu verringern, ohne dass es viel kostet. Unsere Idee war, die vorhandene Architektur einer großen Ausstellung innerhalb der Umbauzeit für etwas Kleineres zu nutzen. Als Spielfeld für die Kreativen aus der Stadt. Ohne viel Aufwand. Nach dem Motto: `wir stellen euch den Raum zur Verfügung und ihr füllt ihn mit Programm und Leben´. Ein Zwischenraum.“ Die ersten diesbezüglichen Gespräche fanden im April 2015 statt, auf der Tagesordnung stand die grundsätzliche Planung eines Wochenendes im Herbst. Drei Tage. Für Außenstehende mag das nach Kinderspiel klingen. In einem komplexen Apparat wie dem „U“, inklusive Beteiligung diverser städtischer Verwaltungseinheiten, stellte das Pilotprojekt eine nicht unbeträchtliche Herausforderung dar. Als im Sommer die Voraussetzungen im Haus geschaffen waren, begann der Dialog mit der freien Szene. Die tickt anders und spricht eine andere Sprache. Es hätte schiefgehen können. Tat es aber nicht. Thomas Weiß kann von konstruktiver Zusammenarbeit und dem kooperativen Tonfall berichten, der während der gesamten Vorbereitungszeit herrschte. „Zu meiner wahnsinnigen Freude haben sich nahezu alle mit Begeisterung eingebracht. Mein persönlicher Höhepunkte war, dass der Technische Dienst wenige Wochen vor der Eröffnung in Aussicht stellte, es wäre von seiner Seite aus denkbar, die Laufzeit der Ausstellung auf eine Woche zu verlängern, also zu verdoppeln. Das stand in einer kurzen E-Mail. Kein Bohei, einfach so. Auf eigene Initiative hin haben die ihre Arbeitsabläufe entsprechend umorganisiert. Ich hätte das vorher nie erwartet. Und was die eigentliche Ausstellung betrifft: ich bin ja kein Kurator. Ich habe keine Ahnung von professioneller Hängung. Der Kontakt in die Szene lief über Simone Czech und die Neue Kolonie West. Das hat einfach hervorragend funktioniert. Im Ergebnis hatten wir eine wunderbare Ausstellung mit einem beachtlichen Rahmenprogramm. Es war ein Spaß für alle Beteiligten. Die Besucherzahlen stimmten auch. Das Format ist im Haus gesichert. Die ersten Gespräche für 2016 laufen bereits. Ich möchte jetzt nicht vorgreifen, aber es ist gut möglich, dass das dann ein ganz anderer „Zwischenraum“ wird. Und ich freue mich bereits jetzt.“

Die erste Veranstaltung „Zwischenraum“ – eine Kooperation des Dortmunder U mit der InWest ist eines der Impulsprojekte, die im Rahmen von Unionviertel.Kreativ im Jahr 2015 umgesetzt wurden.
Während der einwöchigen Ausstellungsdauer, gab es einen regen Austausch zwischen den zahlreichen Besuchern, den Teilnehmern und den Ausstellungsmachern. Führungen durch die Ausstellung im Dortmunder U und das Viertel, manche geplant, manche spontan, zeigten Interessierten Besuchern, was es im Unionviertel schon jetzt alles entdecken gibt.
Auch Studenten der Kunstakademie Münster besuchten im Vorfeld ihrer Teilnahme bei „Emscherkunst“ – einer großen Ausstellung im öffentlichen Raum im Sommer 2016 – die Ausstellung. Eingeladen dazu hatte „Salon Atelier“ – einer der Projekträume aus dem Viertel – auch, weil Künstler des „Salon Ateliers“, selbst im Rahmen von „Emscherkunst“ aktiv werden. Die Kunststudenten aus Münster hatten die Möglichkeit, künstlerische Positionen und mögliche Kooperationspartner kennenzulernen, die in ihrem zukünftigen Projektumfeld leben, arbeiten und ausstellen.
Man darf schon jetzt gespannt auf die Umsetzung der künstlerischen Arbeiten sein, die im kommenden Sommer das Stadtbild bereichern.

 

Text: Wolfgang Kienast

Foto: Daniel Sadrowski

Oktober 2015