44309 street/art gallery
Die Kunst liegt auf der Straße

Street Art zwischen Aktionismus und Popstartum, zwischen Straße und Kino, zwischen Knast und Museum. Diese Extreme sind bekannt. Umso komfortabler, eine international renommierte Galerie für Street Art in der Rheinischen zu haben. Daniela Bekemeier von der street/art gallery spricht im Interview darüber, wie man dahin kam wo man nun ist.

Die Ursprünge der Galerie, die Du zusammen mit Olaf Ginzel betreibst, liegen nicht gerade im Zentrum der Stadt. Wie begann alles für Euch?

Daniela Bekemeier: Die Ursprünge ergaben sich sowohl aus Zufall als auch aus einer Sammelleidenschaft heraus. Damals gab es in der Nähe des Königshof-Hotels ein Ladenlokal, für das ein Nachmieter gesucht wurde und über dem eh schon „Galerie“ stand. Also haben wir zunächst überlegt, die Puppensammlung von Olaf dort zu platzieren. Nun war und ist unser Sohn wiederum schon immer an Tagging und Street Art interessiert und es gab in dem Umfeld auch einige Leute, die sich schon seit den Achtzigern mit Graffiti beschäftigten. Nach der ersten Ausstellung in diesem Bereich wurde der Laden dann schon zum Selbstläufer. Auch weil er recht klein war und auf einer Initiativ-Bewegung gründete.

Mittlerweile sticht der internationale Charakter der Galerie stark heraus. Habt ihr Euch für den neuen Standort noch einmal anders positioniert oder ergab sich die Internationalität auch schon in den Anfangstagen?

Daniela Bekemeier: Wir haben uns wirklich erst einmal richtig in das Thema hineinbegeben, weil wir so etwas vor 2010 noch nie gemacht hatten. Nach den ersten beiden präsentierten, lokalen Künstlern sind wir zur ersten Messe und haben uns zunächst in Richtung „deutschlandweit“ vorgearbeitet. Von der jetzigen Ausrichtung haben wir damals nicht einmal geträumt. Durch die starke Vernetzung der Szene kam dann aber sukzessive eins zum anderen. Es entstand tatsächlich eine Eigendynamik. Gleichzeitig waren die Veranstaltungen und Ausstellungen gut besucht, aber nicht wie man es von woanders her kennt, erst recht in Bezug auf den Verkauf. Nach drei Jahren und viel Arbeit hat uns dann der Ort in der Rheinischen zunächst wegen der Räumlichkeiten (Stichwort: „broken windows“-Theorie) und nicht so sehr wegen der Lage interessiert. Es waren auch Graffiti hier drin, weshalb wir zunächst an eine Leerstands-Bespielung dachten. Das war noch bevor Adolf Winkelmann das Objekt kaufte. Dann kam schließlich auch der Gedanke hinzu, dass hier eine Menge Leute entlang laufen. Entsprechend ist das Alter des Publikums hier wirklich von 10 bis 100.

Es geht aber nach wie vor auch raus auf die Straße?

Daniela Bekemeier: Genau. Da kommen wir eigentlich her, als noch von der alten Dependence aus ganz konkret als Aktion Wände bemalt wurden. Die Ausstellungen fanden eher aus Gründen der Nachhaltigkeit statt, dagegen sind auf den Straßen 17 oder 18 Werke („Murals“), die auf uns zurückgehen, zu finden, zum Beispiel direkt zu Beginn der Rheinischen Straße und direkt um die Ecke, bei der Marlene Bar. Beim Kunst-Spaziergang, den ich zusammen mit Dr. Rosemarie E. Pahlke organisiere und der im Rahmen der Dortmunder „Kunst im öffentlichen Raum“ stattfindet, kann das im Rahmen einer geführten Tour alles besichtigt werden.

In der Rheinischen befindet man sich aber auch in einem „geschützteren“ Raum, wo nicht so leicht überall gesprüht werden kann – wenn ich an die Wachleute am U denke, zum Beispiel…

Daniela Bekemeier: Es gab einmal bei einem Interview mit einem Fernsehsender den Vorwurf, wir würden „Graffiti aus dem illegalen Bereich herausholen“ – was gar nicht stimmt, denn dort wird und muss es verankert bleiben, dort und bei der Frage „Wem gehört der öffentliche Raum?“. Wir arbeiten lediglich auf legaler Ebene, wie viele unserer Künstler, die es sich nicht leisten können, permanent mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten. Manche Künstler werden auch einfach älter und gewinnen dann andere Vorstellungen von Eigentum und künstlerischen Interventionen. Dortmund hat aber wirklich genug Fläche – im Gegensatz zu z.B. Köln und Düsseldorf – an denen noch viel geschehen kann. Und entsprechend hoffe ich, dass wir auch unsere Galerie demnächst erweitern können.

Text: Jens Kobler
Foto: Marco Prosch

Öffnungszeiten:
Dienstag und Mittwoch 16:00 – 18.30 Uhr
Donnerstag 16:30 – 19:30 Uhr
Freitag 17:00 – 20.30 Uhr
Samstag 14:00 – 17:00 Uhr

44309 street/art gallery
Rheinische Straße 16
44137 Dortmund

44309streetartgallery.net