Vom Bier zur Bildung

Neben Kohle und Stahl war auch das Bier einer der bedeutendsten Dortmunder Wirtschaftsfaktoren. Das Dortmunder Bier wurde in der ganzen Welt getrunken und trug dazu bei, den Namen Dortmunds rund um den Globus bekannt zu machen.

Im Westen der Stadt, an der Rheinischen Straße, verkünden noch heute hochragende Bauten weithin, dass hier die beiden größten Braustätten lagen. Eine von ihnen war die Dortmunder Actien-Brauerei (DAB). Sie wurde im Februar 1868 von den rheinischen Familien Herberz, Mauritz und Fischer gegründet. Sie hatten Dortmund als Ort für ihre Neugründung wegen des vorzüglichen Rufes, den das Dortmunder Bier schon damals überall genoss, gewählt und wohl auch, weil man sich in der boomenden Industriestadt einen guten Absatzmarkt versprach.

DAB ca. 1900
Alte Ansicht von 1901.

 

Aus kleinen Anfängen heraus, durch gute und schwierige Zeiten hindurch, arbeitete das Unternehmen über 100 Jahre an diesem Standort. 1960 war die Dortmunder Actien-Brauerei auf eine Jahresleistung von 1,2 Millionen hl Bier eingerichtet. Acht Füllanlagen waren in der Lage, 90 000 Flaschen in der Stunde, das heißt fast 1,5 Millionen Flaschen täglich zu reinigen, zu durchleuchten, zu kontrollieren und letztendlich zu füllen.

Dortmund war zur Bierstadt Nr. 1 in Europa aufgestiegen und zur Nr. 2 in der Welt hinter Milwaukee in den USA. Diese Stellung ist in den 1980er Jahren ins Wanken geraten: Änderungen des Kundengeschmacks wurden nicht rechtzeitig erkannt, so dass der Ausstoß sank. Seitdem sind die kleineren Dortmunder Brauereien verschwunden; sie wurden im Zuge der Konzentration der Produktion von den Branchengrößen geschluckt. Und auch die größte Brauerei, die Dortmunder Actien-Brauerei, musste 1984 ihren Standort aufgeben und wurde in den Dortmunder Norden verlegt; sie gehört heute zur Radeberger-Gruppe und ist Teil des Oetker-Konzerns.

Große Teile der Brauerei sind verschwunden, aber zwei Gebäude haben die Jahrzehnte überlebt: das Verwaltungsgebäude und das Belegschaftshaus. Die Stadt hat sie gekauft und zu Schulen umgebaut. Neben der Fachhochschule für Verwaltung hat vor mehr als zwanzig Jahren das Westfalen-Kolleg seinen Unterricht an der Rheinischen Straße im ehemaligen Belegschaftshaus aufgenommen. Die Fachhochschule ist weggezogen, das Kolleg blieb. Seit dem letzten Sommer – nachdem die Berufskollegs als Zwischennutzer wieder in ihre eigenen Häuser zurückgekehrt sind – nutzt es wegen des Anstiegs der Studierendenzahl zusammen mit der VHS und Abendrealschule auch Räume im früheren Verwaltungsgebäude der DAB.

Text:Theodor Beckmann / Jochen Nähle

Foto:
Blick von Westen 1983, Sammlung Klammer

Ersterscheinung: Rheinische Straßenzeitung Dezember 2011