Donja Nasseri, geboren 1990 in Düsseldorf, studiert zurzeit an der Kunstakademie Münster bei Mariana Castillo Deball und beschäftigt sich in ihren Werken mit der materiellen Oberfläche der Fotografie: Ganz ohne digitale Eingriffe experimentiert sie mit Methoden des Kopierens, Collagierens und Ausschneidens. In Patterns verarbeitet die Künstlerin fotografisch festgehaltene Details von Fassaden, Baumaterialien und architektonischen Strukturen des Dortmunder Unionviertels und überführt diese in neue Zusammenhänge.
Ausgangspunkt für Nasseris zwölfteiliges Werk bilden eigens angefertigte Fotografien vorgefundener Strukturen und Muster im öffentlichen und privaten Stadtraum: Treppenstufen, die Fasern einer Holzplatte, verschiedenfarbige Mauerwerke, Fliesenmosaike und die Maserung eines Kunststoffbodens. Die Künstlerin fügt diese fotografisch festgehaltenen Elemente in Form von geometrischen Ausschnitten zu neuen Konstellationen zusammen – es entstehen originelle und zugleich surreal anmutende Raumstrukturen. Die Tiefenräumlichkeit der eingefangenen Architekturdetails wird durch transparente und opake Papierflächen, geometrische Formen und bunte Klebestreifen konterkariert. Die so entstehenden Collagen lichtet Donja Nasseri wiederum in analoger Technik fotografisch ab und überführt diese neuen Raumgefüge wieder in eine einheitliche Fläche und damit zurück in das Ursprungsmedium, dem sie bereits ihr Ausgangsmaterial, die architektonischen Strukturen ihrer Umgebung, entnommen hatte.
Die Prozessualität der Produktion der Collagen, die durch die Collagetechnik entstehenden Brüche und Verschiebungen werden offen ausgestellt, indem Schnittkanten und Überlappungen von Flächen und Formen nicht kaschiert, sondern geradezu hervorgehoben werden. Gleichermaßen werden diese aber auch durch die mehrfache Remedialisierung der aus dem Alltag bekannten Strukturen durchkreuzt: Auf den ersten Blick sind die Kanten und Überlappungen mehrerer Collageschichten wahrnehmbar, doch bei genauerer Betrachtung wird der Status der Werke als Abbilder von Collagen ersichtlich. Daraus resultiert in der Wahrnehmung der zwölf Farbfotografien ein komplexes und – buchstäblich – vielschichtiges Spannungsgefüge zwischen Dreidimensionalität und Planimetrie, zwischen Plastizität und Flächigkeit. Ähnlich facettenreich erweist sich auch der Titel der zwölf Fotografien: Das englische Wort Pattern steht einerseits für in der urbanen Architektur vorgefundene Muster und Strukturen, anderseits wird es auch für die Beschreibung als Vorbild, Maßstab oder Schnittmuster verwendet. In fast spielerischer Weise klingen in dem Werktitel Patterns damit die verschiedenen Facetten all dieser Wortbedeutungen an, die in der Auseinandersetzung mit den Fotografien eine wichtige Rolle einnehmen.
Als ähnlich spielerisch kann auch die Patterns zugrunde liegende Auseinandersetzung der Künstlerin mit dem Unionsviertel umschrieben werden. Nasseri wählt für ihre Collage-Fotografien nicht die im Stadtbild markanten historischen Bauten als architektonische Ausgangsformen, wie etwa das Verwaltungsgebäude der Dortmunder Union, die namensgebend für das Viertel im Dortmunder Westen gewesen ist und dessen ehemalige Verwaltung stellvertretend für die dort ansässigen industriellen Produktionsstädten (Thyssen Krupp, HSP) stehen kann. Stattdessen finden sich in den zwölf Fotografien Betonwände, vielfarbige Mosaike und Verblendmauerwerk in knalligen Grundfarben – Details von Gebäuden, die in der Nachkriegszeit entstanden sind. Es sind also nicht die geschichtsträchtigen, imposanten urbanen Strukturen, mit denen Betrachterinnen und Betrachter konfrontiert werden, sondern kleine Details unserer jüngsten Vergangenheit und unmittelbaren Erfahrungswelt, die in ihrer Buntfarbigkeit und markanten Ausgestaltung hohen Wiedererkennungswert in sich tragen. So lassen sich in den Fotografien beispielsweise die bunten Kacheln der Haltestelle Unionstraße identifizieren.
Patterns besitzt damit direkten Aussagewert über das sich im ständigen Wandel befindliche Dortmunder Kreativquartier, indem vertraute Strukturen aufgerufen, diese aber gleichzeitig in neue Zusammenhänge eingebettet werden, die die Betrachterinnen und Betrachter in ihren Sehgewohnheiten herausfordern. Nicht von ungefähr liegt der Umgang mit der Buntfarbigkeit des Stadtraumes auch dem für das forcierte Kreativviertel entwickelten Logo nah, das das ganze Farbspektrum in sich trägt.
Text: Julika Bosch und Nina Heindl
Foto: Donja Nasseri